Entwurf des Leitantrages zum Göttinger Parteitag

Leitantrag des PV zum Bundesparteitag der LINKEN in Göttingen, Juni 2012

(zweiter Entwurf, Stand 23.2.12)

 

Vorbemerkung

Dieser zweite Entwurf ist eine gekürzte Version der ersten Fassung vom 21.2. Absicht war, den Text zu straffen und Redundanzen zu vermeiden. Dabei wurden auch sprachliche und inhaltliche Änderungen vorgenommen. Ich verstehe diese Fassung als ein Element in unserem notwendigen Diskussionsprozess und werde dessen Ergebnisse dann in einen Vorschlag einarbeiten, über den abschließend am 26. März entschieden werden wird.

 

„Solidarisch, gerecht, demokratisch, friedlich – hier und in Europa“

 

I. Deutschland und Europa heute – Demokratie und soziale Gerechtigkeit auf dem Rückzug

Deutschland ist bislang relativ glimpflich durch die Finanz- und Wirtschaftskrise gekommen. Doch die wirtschaftliche Besserung  in den Jahren 2010 und 2011 ist bei den Menschen nicht angekommen. Hinter der in offiziellen Statistiken gemalten schönen Fassade verbirgt sich eine andere Realität voller sozialer Widersprüche:

·      Eine Verkäuferin, die ihr Leben lang Vollzeit für 1.800 Euro brutto gearbeitet hat, bekommt heute eine Rente von gerade einmal 800 Euro. Ihre im gleichen Beruf arbeitende Tochter wird im Jahr 2033 nur noch eine Rente von 660 Euro erhalten. Obwohl sie bis 67 gearbeitet haben wird, bekommt sie nicht mehr als Sozialhilfe.

·      Ein Dachdecker, der mit kaputtem Rücken mit 58 Jahren seinen Arbeitsplatz verliert, hat keine Chance mehr auf eine neue Beschäftigung und muss zudem noch Abzüge bei der Rente hinnehmen.

·      Eine Bandarbeiterin, die als Angestellte eines Autoherstellers bislang 2.150 Euro brutto im Monat bekam, wird entlassen und danach von einem Subunternehmer am gleichen Arbeitsplatz für die gleiche Arbeit mit 1.200 Euro entlohnt.

Diese drei Beispiele sind typisch für die Entwicklung insgesamt. Die Gesellschaft spaltet sich immer mehr in Wenige, die in Wohlstand und Sicherheit leben, und einen wachsenden Teil derjenigen, die kaum über die Runden kommen und wenig Zukunftsperspektiven haben.

  • Die Zahl der Armen wuchs in den letzten Jahren auf fast 12 Millionen Menschen an, die Zahl der Millionäre ist in Deutschland auf 430 Tausend angestiegen.
  • Das reichste Zehntel der Bevölkerung besitzt über 60 Prozent des Geldvermögens, während zwei Drittel der Bevölkerung kein oder nur ein sehr geringes Vermögen haben.
  • Die Reallöhne sind in den letzten zehn Jahren um vier Prozent gesunken, während die Einkommen aus Gewinnen und Vermögen um 30 Prozent gestiegen sind. Immer mehr Renterinnen und Rentnern droht die Altersarmut.

 

Arbeit wird immer unsicherer. So hat in den letzten Jahren der Anteil der prekären Arbeit, also Leiharbeit, befristete Beschäftigung, Minijobs oder auch der Missbrauch von Werkverträgen stark zugenommen. Rund ein Fünftel aller Beschäftigten arbeitet im Niedriglohnsektor. Die Arbeitsprozesse selbst werden immer mehr verdichtet. Der Stress bis hin zum Burnout Syndrom nimmt zu.

Dies alles beeinträchtigt die Lebenschancen vieler Menschen. Sie fühlen sich ohnmächtig, müssen sich mit Jobs durchs Leben schlagen, haben kein Geld für gute Ernährung, den Arztbesuch und die Kultur, können ihren Kindern keine Perspektiven bieten und fürchten sich vor einem Lebensabend in Armut. Wer tagtäglich ums Überleben kämpfen muss und sozial ausgegrenzt wird, sieht sich von der Politik im Stich gelassen, verliert das Interesse an der Demokratie und wird empfänglicher für rechte Parolen.

Wenn schon in Zeiten noch relativ günstiger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen die sozialen Widersprüche zunehmen und die Chancen für ein gutes Arbeiten und Leben vieler Menschen sinken, wie wird dies dann erst, wenn die Krise stärker auf Deutschland durchschlägt? Wenn die jetzt schon brüchige wirtschaftliche Entwicklung weiter an Dynamik verliert, drohen angesichts der herrschenden Politik auch in Deutschland erhebliche soziale Einschnitte. Was auf uns zukommen kann, zeigen die Verhältnisse in Griechenland, Portugal, Spanien, Irland und Italien: Löhne und Renten werden dramatisch gekürzt, Ausgaben für Bildung und andere staatliche Aufgaben zusammengestrichen, Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern massiv beschnitten. Statt demokratischer Parlamente bestimmen Stadthalter der Banken, wohin die Reise geht.

Die europäischen Regierungen haben sich unter dem Druck internationaler Finanzmärkte von den Menschen abgewandt. Die Politik ordnet sich den Märkten unter, anstatt die gesellschaftliche Entwicklung zu gestalten. Demokratie- und Sozialabbau sind die Folgen. Die Idee eines demokratischen, sozialen und friedlichen Europas droht auf der Strecke zu bleiben. Im Gegenzug nehmen nationalistische und rassistische Tendenzen zu. Durch kleinere Korrekturen die Krise überwinden zu wollen, und damit weiterzumachen wie bisher, ist illusionär. Notwendig ist vielmehr eine politische Alternative: Ohne mehr soziale Gerechtigkeit und mehr demokratische Teilhabe geht es nicht -  weder in Deutschland noch in Europa!

 

II. Die Alternative: solidarisch, gerecht, demokratisch, friedlich – hier und in Europa!

Trotz aller Widersprüchlichkeiten hat Europa eine große demokratische und soziale Tradition. Sie fortzusetzen bedeutet heute, das Recht der Bürgerinnen und Bürger Europas auf Selbstbestimmung gegen die Interessen des Finanzkapitals durchzusetzen. Dazu ist es in erster Linie nötig, die Staatsfinanzen der EU-Länder von den Finanzmärkten unabhängig zu machen, und Volksentscheide zu ermöglichen.

Demokratie bedeutet Selbstbestimmung. Politik hinter verschlossenen Türen in Brüssel oder  Berlin ist damit nicht vereinbar. Transparenz und Offenheit sind das Gebot der Stunde. Mehr Demokratie bedeutet vor allem aber, Schluss zu machen mit einer Politik, die gegen die Interessen der Mehrheit der Bevölkerung verstößt. Soziale Gerechtigkeit geht nicht ohne eine gerechte Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums. Deshalb müssen Vermögensbesitzer sowie Bezieherinnen und Bezieher großer Einkommen zukünftig deutlich mehr zur Finanzierung von Bildung, Infrastruktur, von Gesundheit, Pflege und Renten beitragen. Die Kürzung von Löhnen, Renten und Sozialleistungen, wie sie Union, SPD, FDP und Grünen als alternativlos zur Krisenbewältigung gelten, sind nicht nur sozial ungerecht, sondern auch ökonomisch falsch. Sie verschärfen die Krise. Umgekehrt führen höhere Einkommen und Sozialleistungen zu mehr wirtschaftlicher Nachfrage, die wiederum höhere Steuereinnahmen nach sich zieht.

Auch zwischen den Staaten ist ein Mehr an Gerechtigkeit und Solidarität unverzichtbar. Wirtschaftlich starke Länder müssen schwächere Länder beim Aufbau ihrer Wirtschaft unterstützen und sie nicht mit Spardiktaten immer weiter in die Krise treiben. Die sogenannten Rettungspakete haben der Wirtschaft keine Impulse gegeben, sondern dienten lediglich den Interessen der Banken. Deutschland hat eine große Verantwortung für Europa. Dies gilt ökonomisch wie politisch. So stellen die übergroßen deutschen Handelsüberschüsse ein Hindernis für die europäische Entwicklung dar. Die deutsche Wirtschaftspolitik muss sich ändern, dem Lohndumping entgegenwirken und die Binnennachfrage stärken. Statt einseitig auf ein rigoroses Sparprogramm zu setzen, bedarf es in Europa öffentlicher Investitionsprogramme, um die Wirtschaft anzukurbeln. Europa benötigt Investitionen in ökologisch und sozial sinnvolle Arbeit.

 

III. Politische Schwerpunkte

Ziel linker Politik ist die selbstbewusste demokratische Gestaltung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung. Politik muss gestalten und darf sich nicht dem Diktat der Märkte unterwerfen. Sie muss Defizite der gesellschaftlichen Entwicklung aufgreifen, konkrete Lösungen für die Probleme der Menschen bieten und ihnen eine Lebensperspektive eröffnen. Die wesentlichen Inhalte und die politische Orientierung sind in unserem Erfurter Programm von 2011 festgehalten.

Für die Zeit bis zu den Bundestagswahlen 2013 stehen folgende Schwerpunkte im Vordergrund:

·         Umgang mit der europäischen Krise

·         Erneuerung der Demokratie

·         Schaffung guter Arbeits- und Lebensbedingungen

·         Engagement für Frieden und Abrüstung

 

Umgang mit der europäischen Krise

DIE LINKE zeigt die Ursachen der Krise  und Wege zu ihrer Lösung auf. Ohne eine Regulierung der Finanzmärkte und eine gerechte Verteilungspolitik lässt sich die Krise nicht bewältigen.

Das Bankwesen muss öffentlich-rechtlich organisiert und strikt reguliert werden. Nur so wird es möglich, die Bankgeschäfte wieder auf ihre Kernfunktionen des Zahlungsverkehrs, der Ersparnisbildung und der Finanzierung zurückzuführen und Spekulationen nachhaltig zu unterbinden. Banken dürfen nie wieder „systemrelevant“ werden.

Die Schulden der Staaten sind die Vermögen der Reichen. Sie müssen zur Kasse gebeten werden. Die Wiedereinführung der Vermögenssteuer (Millionärssteuer) in Deutschland ist ebenso unverzichtbar wie die Vermögensabgabe auf europäischer Ebene.

Die Finanzierung der Staaten ist von den Finanzmärkten abzukoppeln. Sie hat entweder direkt über die EZB oder aber über eine öffentlich-rechtliche europäische Bank zu EZB Konditionen zu erfolgen.

Mit der Regulierung der Finanzmärkte und der Reorganisation des Bankwesens muss ein sozial-ökologischer Umbau der Wirtschaft einhergehen. Dazu  bedarf es sowohl in Deutschland als auch in Europa entsprechend ausgerichteter Zukunftsinvestitionsprogramme.

Sozialabbau, Lohnsenkung und eine rigorose Sparpolitik sind der falsche Weg. Die Krisenfolgen dürfen nicht auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die sozial Benachteiligten abgewälzt werden. Damit würden die eigentlichen Krisenverursacher außen vorgelassen werden. Dies ist nicht nur sozial ungerecht, dadurch wird die Krise in Europa sogar noch verschärft.

 

Erneuerung der Demokratie

Nicht nur ökonomisch und sozial wird eine Politik gegen die Menschen gemacht. Gleichzeitig wird auch die Demokratie ausgehöhlt. So werden im Zuge der europäischen Austeritätspolitik die Rechte sowohl nationaler Parlamente als auch von Gewerkschaften eingeschränkt. Die Diktatur der Finanzmärkte ist eine nachhaltige Bedrohung für die Demokratie.

DIE LINKE verteidigt die demokratischen Rechte und tritt für eine umfassende Demokratisierung von Wirtschaft und Gesellschaft ein. Sie engagiert sich für mehr Bürgerbeteiligung bei politischen Entscheidungen. Ein wesentlicher Schwerpunkt ist dabei für uns die Kommunalpolitik, wo in besonderem Maße die Beteiligungsrechte ausgeweitet werden sollen. DIE LINKE wendet sich gegen jede Form der Diskriminierung und Ausgrenzung. Sie streitet für den freien Zugang zu den digitalen Netzen.

Politik darf nicht käuflich sein. DIE LINKE fordert das Verbot von Parteispenden von Unternehmen.

Demokratie darf vor dem Werkstor nicht halt machen. Die Wirtschaft muss umfassend demokratisiert werden - durch Beteiligung der Belegschaften an den unternehmenspolitischen Entscheidungen und Ausrichtung der Wirtschaft an gesellschaftlichen Bedürfnissen durch eine demokratische Rahmenplanung.

 

Schaffung guter Arbeits- und Lebensbedingungen

"Gute Arbeit - Gutes Leben" ist die politische Kernforderung der Partei DIE LINKE. Wir wollen, dass die Menschen vor den Folgen wirtschaftlicher Krisen geschützt werden und von einer guten wirtschaftlichen Entwicklung profitieren.

Deshalb treten wir für eine Stärkung der Masseneinkommen durch eine aktive Lohnpolitik, durch einen gesetzlichen Mindestlohns in Hohe von 10 Euro und eine Erhöhung der Regelsätze bei Hartz IV auf 500 Euro ein. Wir wollen eine Mindestrente von 900 Euro und fordern die Rücknahme der Rente erst ab 67.

Wir kämpfen gegen die zunehmende Prekarisierung der Arbeit durch Minijobs, Leih-  und befristete Arbeit oder den Missbrauch von Werkverträgen. Wir kämpfen für gute Arbeit und wollen eine aktive Arbeitsmarktpolitik.

DIE LINKE setzt sich für eine solidarische Gesundheits- und Pflegeversicherung durch eine solidarische Bürgerversicherung ein.

DIE LINKE startet eine mieten- und wohnungspolitische Offensive gegen Mietwucher und für mehr bezahlbaren Wohnraum und sozialen Wohnungsbau.

 

Engagement für Frieden und Abrüstung

Krieg ist kein Mittel der Politik. DIE LINKE ist die Partei des Völkerrechts, der Abrüstung und der zivilen Konfliktbewältigung. Was eine militärische „Menschenrechtspolitik“ anrichtet, zeigen der Irak, Afghanistan und Libyen. DIE LINKE fordert ein Ende der militärischen Logik und setzt sich für Verhandlungen ein. Dies gilt auch für Syrien und den Iran, wo neue Kriege drohen. Der sofortige Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan bleibt unsere zentrale Forderung. Wir wollen ein umfassendes Verbot von Rüstungsexporten.

 

IV. Bereit zum Politikwechsel

Deutschland und Europa brauchen einen Politikwechsel. DIE LINKE steht dafür bereit. Wir unterstützen alle, die ebenfalls für eine solidarischere, gerechtere, demokratischere und friedlichere Gesellschaft streiten: Gewerkschaften, Sozialverbände, Erwerbsloseninitiativen, Kirchen, Attac, Occupy- und andere Bewegungen. Wir wollen ein breites gesellschaftliches Bündnis.

Auch mit den anderen Parteien gibt es in politischen Teilbereichen Übereinstimmungen. So will der Arbeitnehmerflügel der CDU den gesetzlichen Mindestlohn, die SPD-Linke fordert die Reichensteuer, mit den Grünen  verbindet uns der Ausstieg aus der Atomenergie und die Forderung nach mehr Bürgerbeteiligung, mit den Piraten die Forderung nach mehr Transparenz und Offenheit in der Politik.

Wir wollen die Ablösung der schwarz-gelben Koalition. Wir sind bereit im Rahmen eines Bündnisses mit der SPD und den Grünen Regierungsverantwortung zu übernehmen, wenn wir uns in unseren Kernforderungen dort wiederfinden und damit ein grundlegender Politikwechsel eingeschlagen wird.  DIE LINKE wirkt aber auch in der Opposition. Dies zeigt sich beispielsweise in der Frage des Mindestlohns, wo nahezu alle politischen Kräfte unsere Forderung übernommen haben. Dies zeigt sich aber auch in der Steuerpolitik, wo unsere Forderung nach einer Vermögenssteuer auf wachsende Zustimmung stößt.

DIE LINKE wirkt selbstbewusst für einen Wechsel in der Politik in Richtung einer sozialen, gerechten, demokratischen und friedlichen Gesellschaft. Dafür engagiert sie sich in den Parlamenten ebenso wie im außerparlamentarischen Raum.

DIE LINKE wird ihre Aktivitäten gegen die undemokratische und unsoziale Anti-Krisen-Politik fortsetzen und im Bündnis mit Gewerkschaften, Sozialverbänden und außerparlamentarischen Bewegungen als offensive Verteidigerin des Sozialstaats innerhalb und außerhalb der Parlamente auftreten.

Wenn DIE LINKE am 16. Juni dieses Jahres ihren fünften Geburtstag feiert, kann sie  auf ereignisreiche Jahre der Parteineugründung und Konsolidierung zurückblicken. In diesen fünf Jahren haben wir uns in einem breit geführten und intensiven Diskussionsprozess ein mit großer Mehrheit in einem Mitgliederentscheid verabschiedetes Programm gegeben. Mit unserem neuen Parteiprogramm sind wir die einzige Partei, die eine schlüssige Antwort auf die Finanzkrise sowie ökologische und demokratische Herausforderungen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger präsentiert.

Nach dem gestärkten Wiedereinzug in den Deutschen Bundestag mit 11,9 Prozent und 76 Abgeordneten im Jahre 2009 konnte DIE LINKE bei den Landtags- und Kommunalwahlen der letzten zwei Jahre ihre Wahlziele nicht immer erreichen und hat am Ende an politischem Einfluss verloren.

Die Landtagswahlen zeigen, dass die Wählerschaft der LINKEN nicht homogen, sondern politisch und sozial vielfältig ist. Es gibt eine in den neuen Bundesländern tendenziell schmelzende und in den alten Bundesländern eine noch zu kleine Stammwählerschaft. Hinzu kommen Protestwählerinnen und -wähler sowie taktische Wählerinnen und Wähler, die ebenso für andere Parteien offen sind. Zu unserem Wählerpotential gehören weiterhin vor allem aus „prekären“, von sozialer Abkopplung und Ausgrenzung bedrohten Verhältnissen stammende Menschen. Diese waren noch zu den letzten Bundestagswahlen mobilisierbar waren, zu den Landtags- und Kommunalwahlen jedoch nur noch sehr eingeschränkt. Diese Menschen für die Bundestagswahl 2013 wieder zu erreichen sowie die vielfältigen Erwartungen und Perspektiven unserer heterogenen Wählerschaft anzusprechen, gehört zu den großen Herausforderungen der nächsten Monate.

 

V. Wir machen uns fit – gemeinsam um gesellschaftliche Mehrheiten kämpfen!

Wesentliche Voraussetzung für das politische Wirken der LINKEN ist eine starke, aktive und sozial verankerte Partei. Im Kampf um gesellschaftliche Mehrheiten setzen wir auf den parlamentarischen und außerparlamentarischen Druck und auf die Zusammenarbeit mit allen, die für eine solidarische, gerechte und friedliche Welt streiten.

DIE LINKE versteht sich als Teil einer demokratischen Erneuerungsbewegung und einer kritischen Gegenöffentlichkeit. Wir wollen über unsere Bündnisarbeit, über Veranstaltungsformen wie den Zukunftskongress oder über die Nutzung neuer sozialer Netzwerke mit Gewerkschaftern, sozial Engagierten, Wissenschaftlern oder Künstlern ins Gespräch kommen.

 

 

 

Kampagnen- und Aktionsfähigkeit verbessern

Der Parteivorstand aufgefordert, gemeinsam mit den Landes- und Kreisverbänden sowie den Fraktionen die Strukturen und Voraussetzungen schaffen, um aktiv in gesellschaftliche Auseinandersetzungen einzugreifen und unsere Alternativen sichtbar zu machen. Notwendig ist eine Konzentration auf Schwerpunkte.

·      Unsere Kampagnen und Aktionsschwerpunkte sollen die für die Bevölkerungsmehrheit relevanten Themen aufgreifen, an der Lebenswirklichkeit und Konflikten vor Ort ansetzen und damit verknüpft werden. Dabei sind insbesondere auch unsere Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker zu unterstützen.

·      Der Kampf um gesellschaftliche Mehrheiten beinhaltet einen kontinuierlichen Dialog mit Bündnispartnern auf allen Ebenen. Wir wollen im Rahmen unserer Themenschwerpunkte mit Gewerkschaften, Sozialverbänden und Initiativen, mit Vertreterinnen und Vertretern von Kirchen, Wissenschaft und Kultur vor Ort für gemeinsame Forderungen und Aktivitäten werben.

·      Damit DIE LINKE flächendeckend wahrgenommen wird, gilt es, die Geschäftsstellen in den neuen Bundesländern langfristig zu erhalten und in den alten Bundesländern in Form von Regionalbüros auszubauen. Mit dem neuen Länderfinanzausgleich wurden dabei erste Schritte unternommen, die fortzusetzen und durch weitere Maßnahmen zur Stärkung der Präsenz vor Ort wie zum Beispiel soziale Beratungsangebote zu ergänzen sind.

·      Für eine bessere innerparteiliche Kommunikation zwischen allen Ebenen ist der Parteivorstand aufgefordert, die jährliche Kreisvorsitzendenberatung als kontinuierliches Angebot fortzusetzen und ein Mitgliedermagazin, welches allen Genossinnen und Genossen kostenlos nach Hause geschickt wird, zu entwickeln.

·      Mit dem Projektbericht LINKE 2020 „Für eine zukunftsfähige LINKE“ sind vielfältige weitere Anstöße und Anregungen für eine verbesserte Kampagnen- und eine langfristige Handlungsfähigkeit auf allen Ebenen der Partei gegeben. Diese gilt es nun breit zu diskutieren und entsprechend den konkreten Gegebenheiten Konsequenzen zu ziehen.

Aktive Mitgliedschaft fördern

Wir haben in den vergangenen Jahren viele neue Mitstreiterinnen und Mitstreiter gewonnen – inzwischen gehört jedes dritte Mitglied keiner der beiden Quellparteien mehr an. Nach einem starken Zuwachs bis Ende 2009 haben wir in den letzten Jahren viel zu viele Genossinnen und Genossen verloren. Der Rückgang der Mitgliederzahlen hat vor allem demografische Ursachen. Ein weiterer Grund ist die Bereinigung der Mitgliederdateien, die 2010 abgeschlossen wurde.

Die Gewinnung neuer Mitglieder sowie die Unterstützung und Haltung bestehender Mitglieder ist eine Voraussetzung für die Handlungs- und Aktionsfähigkeit der LINKEN. Wir wollen alle Mitglieder darin bestärken, unseren Kampf für mehr Demokratie, Frieden und soziale Gerechtigkeit in Gewerkschaften, Vereine und Verbände zu tragen, unseren Protest gegen Altersarmut, soziale Ausgrenzung und die Macht der Banken in der Öffentlichkeit zu bekunden und als Partei DIE LINKE in den Betrieben, Wohnvierteln und Dörfern – also direkt bei den Menschen vor Ort - als Ansprechpartner und Bündnispartner präsent zu sein. Dafür bedarf es gemeinsamer Anstrengungen aller Ebenen der Partei.

·      Die im letzten Jahr gestartete Mitgliederinitiative soll fortgeführt und ausgebaut werden. Die Gewinnung neuer Mitglieder, darunter insbesondere junger Menschen und Frauen, muss Bestandteil aller Wahlkämpfe, Kampagnen und Aktivitäten vor Ort sein. Die Gewinnung neuer Mitglieder ist nur dann erfolgreich, wenn DIE LINKE als Mitgliederpartei, als Partei zum Mitmachen, Mitbestimmen und Mitdiskutieren wahrgenommen und vor Ort erlebt wird.

·      Zu viele neue Mitglieder verlassen unsere Partei bereits nach kurzer Zeit wieder. Um neu gewonnene Genossinnen und Genossen zu halten, muss die Neumitgliederbetreuung in den Kreis- und Landesverbänden ausgebaut werden. Dazu gehören die persönliche Ansprache, konkrete Angebote wie z.B. Neumitgliederseminare, aber auch ein solidarisches Parteileben, dass offen ist für neue Menschen mit ihren Ideen und Anforderungen.

·      Um mehr Genossinnen und Genossen für eine aktive Mitgliedschaft zu gewinnen, wollen wir an die guten Erfahrungen mit dem Beteiligungskonzept „linksaktiv“ anknüpfen und Genossinnen und Genossen, die sich im Rahmen von Kampagnen und Themenschwerpunkten vor Ort engagieren wollen, genauso gezielt unterstützen wie solche, die als Betriebsräte oder Seniorenvertreter aktiv sind.

·      Wir wollen die politische Bildungsarbeit auf allen Ebenen stärken und ausbauen. Das beinhaltet sowohl die politische Grundlagenbildung als auch die konkrete Qualifizierung für die Herausforderungen der Parteiarbeit.