Wohlstand für wenige, Notstand für viele

Katrin Werner und Jochen Bülow

Das Medienecho auf die jüngst kursierenden Zahlen der Hans-Böckler-Stiftung zur Einkommenslage in den Kreisen und Kommunen veranlasst die Landesvorsitzenden Jochen Bülow und Katrin Werner, MdB, zu kritischen Anmerkungen:

Jochen Bülow: „Durchschnittswerte, die von vielen Medien als positiv verkauft wurden, sagen nichts über die tatsächliche Verteilung des Wohlstands in unserem Land. Denn: In Wahrheit profitiert eine verschwindend kleine Minderheit von enormen Einkommenszuwächsen, die Mehrheit insbesondere der Bezieher mittlerer und kleiner Einkommen sieht sich zunehmend schlechter gestellt. Und natürlich ist es ein himmelweiter Unterschied, ob zwei verdienende Partner über jeweils 2.000 Euro im Monat verdienen oder ob eine vierköpfige Familie von einem 2.000-Euro-Einkommmen leben muss. Denn das bedeutet ein Pro-Kopf-Einkommen in der Nähe der Grundsicherung. Der rein theoretische statistische Durchschnittswert verdeckt, dass jedem einzelnen Einkommensmillionär eine ganze Hundertschaft von Langzeitarbeitslosen, nicht-erwerbsfähigen BezieherInnen von Sozialleistungen, MinijobberInnen und AufstockerInnen mit Zweit- und Drittjob, Alleinerziehenden und SeniorInnen mit einer Rente unter der Armutsgrenze gegenübersteht. Mit derart undifferenzierten Zahlen Stimmung zu machen, ist zynisch.“

Katrin Werner: „Wir alle wissen, dass in den Städten und Ballungsräumen zurzeit etwa 30 – 50 Prozent des verfügbaren Einkommens bei Normal- und Geringverdienern an die Vermieter fließen. Vom Erwerb eines eigenen Hauses können junge Familien selbst in ländlichen Regionen nur noch träumen. Wir alle sehen am so genannten Warenkorb, was am Monatsende vom Geld noch übrig ist. Statt vom Wohlstand der Wenigen müssen wir doch viel eher über den Notstand bei den Vielen reden. Tatsache ist: Einer wachsenden Zahl von Einkommensmillionären steht eine rapide wachsende Zahl armer Bürgerinnen und Bürger gegenüber, die soziale Schere öffnet sich immer weiter. Die Zahl der Empfänger von Grundsicherung hat sich in wenigen Jahren in Rheinland-Pfalz um 50 Prozent erhöht. Namentlich berufstätige Frauen kommen bei 25 Prozent weniger Lohn für gleichwertige Leistung oft nicht mehr über die Runden. Völlig zu Recht fordern die Sozialverbände dazu auf, endlich mit einer sozial gerechten Abgabenpolitik gegenzusteuern – dafür stehen wir als LINKE ein. Vor der Wahl und nach der Wahl.“