Gute medizinische Versorgung verursacht Kosten – keine Defizite

Katrin Werner und Jochen Bülow

Die aktuelle Kritik an den ins uferlose steigenden Defiziten am Mainzer Uniklinikum veranlasst die Landesvorsitzenden Jochen Bülow und Katrin Werner, MdB, zum Thema Stellung zu beziehen.

Jochen Bülow: „Es ist das alte neoliberale Lied: Mit willkürlichen Fallpauschalen und nicht ausreichenden Zuschüssen geraten immer mehr Krankenhäuser in eine "finanzielle Schieflage". Anschließend wird die Privatisierung als "alternativlos" angepriesen. Die folgende "Sanierung" bezahlen die Mitarbeiter*innen und Patient*innen – die einen mit Lohnkürzung und Arbeitszeitverlängerung, die anderen mit schlechterer Versorgung. Dabei ist doch sonnenklar: Ein Krankenhaus "produziert" nichts, keine Autos, keine Lebensmittel und auch sonst nichts, was sich im betriebswirtschaftlichen Sinne "verkaufen" ließe. Genau wie Schwimmbäder, Turnhallen oder Bibliotheken sind Krankenhäuser ein unabweisbarer Bedarf der Daseinsvorsorge. Und genau deshalb müssen sie solidarisch von allen finanziert werden. Leider ist das Gegenteil der Fall: Genau wie die medizinische Forschung wird die medizinische Versorgung seit vielen Jahren auf Gewinn getrimmt. Statt medizinischer Erwägungen diktiert immer häufiger das Betriebsergebnis ärztlichen Handelns: Im Sinne der Fallpauschalen lukrative Behandlungen nehmen zu, finanziell weniger interessante Fachgebiete werden vernachlässigt. Das ist ein Irrweg, der vor allem finanzielle Gründe hat.“

Katrin Werner: „Den ökonomischen Druck im Gesundheitssystem an Defizitdebatten aufzuhängen, ist gängige Praxis, aber grundfalsch: Gesundheit ist keine Ware! Wenn finanziell lukrative Stationen in private Trägerschaft überführt werden, hat das negative Folgen für das Gesundheitssystem und die Patient*innen: Bei den einen regiert der Rotstift, die anderen fahren satte Gewinne ein. Die einen können sich Zuzahlungen zu Heilkosten überhaupt nicht mehr leisten, die anderen genießen Rundumversorgung, Chefarztbehandlung und teure Gerätemedizin auf der Privatstation. Diesen grundlegenden Webfehler in der Gesundheitsversorgung mit höheren Landes- oder Bundeszuschüssen auffangen zu wollen, ist keine Lösung, weil das Gesundheitssystem nicht von allen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit finanziert wird – und weil private Anbieter in lukrativen Sparten Milliardengewinne machen dürfen, die Allgemeinheit aber den Rest finanzieren muss. DIE LINKE fordert mit Nachdruck die Bürgerversicherung, in die alle einzahlen, damit die medizinische Versorgung fair und ausreichend finanziert wird. Die Rosinenpickerei privater Klinikkonzerne muss endlich ein Ende haben, genauso wie die hemmungslose Preistreiberei der Pharmakonzerne.“