"Gemeinsam fangen wir noch einmal an - wir geben nicht auf!"
Liebe Genossinnen und Genossen,
als der Termin für unseren heutigen Landesparteitag festgelegt wurde, hat sicherlich niemand von uns mit einem solch desaströsen Bundestagswahlergebnis rechnen können. Wir haben gemeinsam gekämpft und wir haben gemeinsam verloren. Natürlich muss diese Wahl genau analysiert werden, um die Weichen für die Zukunft richtig zu stellen. Aber gerade in der jetzigen Situation ist es ebenso wichtig, sich einmal daran zu erinnern, warum wir damals dieses linke Projekt gestartet, diese Partei gegründet haben.
In unserem Gründungsdokument vom März 2007 steht: „Gemeinsam wollen wir eine Partei, wie es sie in Deutschland noch nicht gab - Linke einigend, demokratisch und sozial, ökologisch, feministisch und antipatriarchal, offen und plural, streitbar und tolerant, antirassistisch und antifaschistisch, eine konsequente Friedenspolitik verfolgend.“ Es macht keinen Sinn, die genannten Themenfelder gegeneinander auszuspielen. Jeder einzelne genannte Punkt ist notwendig, um die Gesellschaft gerechter zu machen, aber kein einziger ist dafür alleine ausreichend.
Deswegen sollten wir, liebe Genossinnen und Genossen, auf dem, was wir bereits gemeinsam erreicht haben aufbauen, und Melanie und ich haben in unserem Strategiepapier ja bereits einige Punkte für die zukünftige Entwicklung dargelegt. Dieses Papier wollen wir gemeinsam mit euch weiterentwickeln, damit es als Grundlage und Basis für unseren Landesverband genutzt werden kann.
Auf einen wichtigen Punkt will ich dabei näher eingehen: die Verbesserung unserer Kommunikation. Wir wollen eine regelmäßige Gesprächsrunde mit den Kreisverbänden starten: nicht jeder Kreisverband ist im Landesvorstand vertreten, aber jeder KV soll sich mit seinen Themen in die Landespartei einbringen können. Das gilt natürlich genauso für die Landesarbeitsgemeinschaften. Ebenfalls müssen wir uns mit den Mandatsträger*innen stärker vernetzen: in den einzelnen Gemeinde- und Stadträten wird tolle Arbeit geleistet, aber leider kriegt dies außerhalb der jeweiligen Region kaum jemand mit.
Hierzu ist auch eine stärkere Vernetzung mit dem Kommunalpolitischen Forum und der Rosa-Luxemburg-Stiftung notwendig, zum einen im Bereich der Weiterbildung was kommunalpolitische Themen angeht, aber natürlich auch die grundlegende politische Bildung, die wir nicht vernachlässigen dürfen. Letztendlich wollen wir damit unseren Landesverband auch kampagnenfähig machen, um für die kommenden Wahlen politisch gerüstet zu sein und in der öffentlichen Wahrnehmung erkennbar zu sein. Zudem wollen wir auch die Möglichkeit bieten, politische Grundsatzfragen gemeinsam zu diskutieren, zu entscheiden und zu gemeinsamen Lösungen zu finden.
Es ist unsere historische Aufgabe, die unterschiedlichen Kämpfe der sozialen und ökologischen Bewegungen zusammen zu führen, und dies kann nur gemeinsam erfolgreich sein. Es zeigen sich ja schon die ersten Risse im neoliberalen Beton. Aber leider zeigen sich auch innerhalb unserer Partei Risse, denn die gesellschaftlichen Widersprüche lassen sich auch innerhalb einer linken Partei nicht negieren. Es gibt kein richtiges Leben im falschen. Es gibt für uns als pluralistische, sozialistische Partei genau zwei Möglichkeiten, damit umzugehen: sich im innerparteilichen Streit gegenseitig zu dezimieren oder die objektiven Bedingungen produktiv zu nutzen. Ich persönlich finde die zweite Möglichkeit prickelnder.
Beenden möchte ich meine Vorstellung mit einem Zitat von Lars Gustafsson. Der schwedische Philosoph und Schriftsteller hat in seinem mehrbändigen Hauptwerk die Risse und Verwerfungen innerhalb der politischen und kulturellen Verhältnisse in Europa seit den sechziger Jahren beschrieben, und zu welchen Veränderungen dies geführt hat. Und diese Risse werden ja aktuell wieder spürbar, stärker denn je. An einer Stelle bemerkte er, als eine Veränderung schon aussichtslos schien - und die dann ja doch noch errungen wurde: „Wir fangen noch einmal an. Wir geben nicht auf.“
Das sollte auch für uns Ansporn sein, gemeinsam mit den sozialen und ökologischen Bewegungen, mit Gewerkschaften und Sozialverbänden, mit der Friedensbewegung, mit Antirassist*innen und Antifaschist*innen, diesen Weg in eine menschenwürdige Zukunft weiter zu gehen. Genauso, wie es in unserem bereits erwähnten Gründungsdokument steht: „Gemeinsam streiten wir dafür, dass der Kapitalismus nicht das letzte Wort der Geschichte ist.“
Liebe Genossinnen und Genossen, lasst uns dies als Signal von unserem Landesparteitag ausstrahlen: Gemeinsam fangen wir noch einmal an. Wir geben nicht auf!
Es gilt das gesprochene Wort