Gegen die Wirtschafts-NATO

Alexander Ulrich, MdB

Von Alexander Ulrich, Mitglied im Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union

 Auf Initiative der Fraktion DIE LINKE diskutiert der Bundestag in dieser Woche über TTIP – die sogenannte „Transatlantische Handelspartnerschaft“. Einen unpassenderen Namen hätte man für dieses Projekt kaum finden können: TTIP ist erstens nicht transatlantisch. Schließlich sind weder Brasilien, noch Angola oder irgendein anderer Anrainerstaat des Südatlantiks beteiligt; TTIP ist zweitens kein Handels-, sondern ein umfassendes Wirtschaftsabkommen. Handelspolitik – also der Abbau von Zöllen, Quoten etc. – spielt nur eine untergeordnete Rolle; und drittens hat TTIP nichts mit dem zu tun, was wir gemeinhin unter einer „Partnerschaft“ verstehen. Es sei denn, gemeint ist die Partnerschaft von transnationalen Banken und Konzernen mit den politischen Eliten aus EU und USA. So oder so: Die „Transatlantische Handelspartnerschaft“ ist ein politischer Propagandabegriff. Geplant ist eine nordatlantische Wirtschaftsunion – eine Wirtschafts-NATO, wenn man es so will.

Nun wird die Bundesregierung also gezwungen, im Parlament über dieses Projekt zu informieren und zu diskutieren. Das ist ein wichtiger Schritt, denn bisher betrieb sie systematische Informationsverweigerung. Was Parlamentarier und Zivilgesellschaft wissen, wissen sie aus unter der Hand veröffentlichten Verhandlungsdokumenten. So wissen wir zum Beispiel, dass die EU Banken und Konzerne auf höchstmöglichem Niveau vor staatlicher Regulierung schützen will, dass Lobbyisten künftig ein starkes Wörtchen mitreden sollen, wenn neue Regeln geplant werden, dass die Finanzmärkte noch weiter dereguliert und der Datenschutz abgebaut werden soll und dass es in den USA erhebliches Interesse gibt, Genfood und Fracking-Gas stärker auf dem EU-Markt zu platzieren. Was wir nicht wissen, ist, was noch alles hinter verschlossenen Türen verhandelt wird.

Das Ganze im Bundestag zu diskutieren kann helfen, die öffentliche Aufmerksamkeit weiter auf dieses Thema zu lenken und den Druck aus der Zivilgesellschaft zu erhöhen. Das ist sehr wichtig, denn nur durch Druck von außen, kann die Wirtschafts-NATO gestoppt werden. In den Parlamenten allein wird dies nicht möglich sein! Die Parlamentarier sind nicht nur schlecht informiert. Vielmehr werden ihre Mitspracherechte insgesamt auf ein Minimum reduziert. Ob der Bundestag überhaupt über TTIP abstimmen darf, ist fraglich. Und wenn er es darf, dann auch nur über einige Teile des Abkommens. Wichtige Kompetenzen wurden nämlich schon längst vollständig auf die EU-Ebene übertragen.

Kurzum: TTIP attackiert Soziales, Umwelt und Demokratie. Deswegen muss TTIP gestoppt werden. Und das geht nur gemeinsam: Ob NGO, Verbraucherschützer, Gewerkschaften, Globalisierungskritiker oder die parlamentarische Opposition; ob auf EU-Ebene, in den USA, in den europäischen Nationalstaaten oder den Regionen. Die Wirtschafts-NATO muss auf allen Ebenen bekämpft werden. Dann können wir sie stoppen – und so die Demokratie verteidigen!

linksfraktion.de, 06. Mai 2014