Arbeitslosigkeit in Rheinland Pfalz – die ganze Wahrheit?

Jochen Bülow

Zu den am 5. Januar 2016 veröffentlichten Arbeitsmarktzahlen der Agentur für Arbeit für den Dezember des Vorjahres nimmt Jochen Bülow, Spitzenkandidat der rheinland-pfälzischen LINKEN für die Landtagswahl im März, wie folgt Stellung:

„Die Zahlen der Arbeitsagentur verschleiern die Wahrheit – in Rheinland-Pfalz sind in Wirklichkeit mindestens 30 Prozent mehr Menschen arbeitslos als die Statistik zugibt. Die Rechentricks, mit denen eine „Entspannung“ auf dem Arbeitsmarkt dargestellt werden soll, erweisen sich bei genauerem Hinsehen schnell als Luftnummer.“

Jochen Bülow weiter: „Wir haben mit ehrlichen Zahlen nachgerechnet und kommen auf über 139.000 statt der offiziellen 108.000 Erwerbslosen, weil zahlreiche Betroffene, die am Zähltag beispielsweise krank oder in „Maßnahmen“ versteckt sind, gar nicht mitgezählt werden. Es fehlen überdies Aussagen zur Qualität der Beschäftigungsverhältnisse – nackte Zahlen ermöglichen keine qualifizierte Beurteilung. In Rheinland-Pfalz gehen, so die aktuelle Daten des Statistischen Landesamtes, von rund 1,3 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten fast 320.000 einer geringfügigen Beschäftigung nach, oft weil das Ersteinkommen nicht reicht. Hinzu kommen fast 70.000 ausschließlich geringfügig Beschäftigte. Das bedeutet, jeder dritte Arbeitnehmer im Land – vor allem Frauen – ist atypisch in einem „Minijob“ beschäftigt. Zu den Beziehern von Arbeitslosengeld kommen rund 70.000 Empfängerinnen und Empfänger von Sozialleistungen im Rahmen der Grundsicherung (ALG II), knapp 160.000 erwerbsfähige Menschen stehen im Leistungsbezug nach SGB II.“

Die Statistikdaten, so Bülow, offenbarten ihre eigentliche Problematik erst dann, wenn strukturelle und regionale Unterschiede berücksichtigt würden: „Gut die Hälfte der landwirtschaftlichen Betriebe hält sich ohne sozialversicherungspflichtige Arbeit durch Familienangehörige und mit Saisonarbeitern über Wasser. Unser Bundesland stellt in den strukturschwachen Grenzregionen wie Pfalz, Eifel und Westerwald gebietsweise praktisch keinen Arbeitsmarkt zur Verfügung. Dies hat zur Folge, dass nicht im Land selbst, sondern auf Arbeitsplätzen in Hessen, NRW und Baden-Württemberg sowie im Saarland, aber auch in den grenzüberschreitenden Regionen wie Luxemburg ein beträchtlicher Teil der rheinland-pfälzischen Steuereinnahmen erwirtschaftet wird – wir reden hier über eine Größenordnung von annähernd 20 Prozent des Einkommensteueraufkommens.“

„Wir werden weiter den Finger in die Wunde legen und die bitteren Realitäten beim Namennennen: Rheinland-Pfalz gehört durch Misswirtschaft, gigantische Fehlinvestitionen und einen desolaten Arbeitsmarkt zu den Verliererländern. Der überbordende Niedriglohnsektor tut sein Übriges, um ein auskömmliches Leben für weite Bevölkerungskreise dauerhaft zu verhindern. Um das zu stoppen, braucht es deutliche Worte und wirksame Initiativen – DIE LINKE fordert deshalb als ersten Schritt die Einrichtung eines öffentlich geförderten Beschäftigungssektors (ÖBS) mit mindestens 8.000 sozialversicherungspflichtigen, tarifgebundenen Vollzeitstellen, der aus den bisherigen Mitteln der Bundesagentur, den bisherigen aufstockenden Sozialleistungen und Steuermitteln finanziert wird. Wir werden uns im Landtag für die Menschen, für gerechtes Arbeitsentgelt, gegen Niedriglohn und Befristung stark machen und durch Einbringung von Gesetzesvorlagen unser Land wieder lebenswert für alle machen“, erklärt Jochen Bülow.