1) Gute Arbeit, faire Löhne, gesicherte Rente

DIE LINKE will gute Arbeit, gute Löhne und gute Renten, deswegen dürfen öffentliche Aufträge nur an tarifvertraglich gebundene Unternehmen mit existenzsichernden Arbeitsplätzen vergeben werden. DIE LINKE fordert weiterhin einen gesetzlichen Mindestlohn von 10 Euro, der regelmäßig mit dem Produktivitätsfortschritt erhöht wird; die bisherigen Regelungen sind unzureichend. Sachgrundlose Befristungen müssen verboten, Zeitarbeit und Werkverträge eingedämmt werden. Leiharbeit darf nur im Zusammenhang mit Arbeitsspitzen möglich sein. Dauerpraktika ohne Vergütung sollen abgeschafft und durch sinnvolle und leistungsgerecht entlohnte Berufseinstiegszeiten ersetzt werden. Jugend- und familienfreundliche Betriebe, die Menschen mit Behinderungen beschäftigen, die besonders gut ausbilden, sind vom Land zu unterstützen – vor allem in den strukturell benachteiligten Regionen.

Aktive Arbeitsmarktpolitik muss auf existenzsichernde und tariflich abgesicherte Arbeitsplätze orientiert sein. Deshalb fordert DIE LINKE eine auf regionale Besonderheiten abgestimmte Politik, die auch in strukturell benachteiligten Gebieten möglichst viele gute Arbeitsplätze erhalten und zusätzlich neue Arbeitsplätze schaffen soll. Um der Landflucht entgegenzuwirken, müssen jungen Menschen vor Ort Perspektiven eröffnet werden: Ausbildungs- und Arbeitsplätze machen das Land attraktiv. Dies erfordert einen regionalisierten Landesentwicklungsplan für aktive Arbeitsmarktpolitik.

Prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Ein-Euro-Jobs, Bürgerarbeit und ähnliches führen nicht zu guten Arbeitsplätzen. Wer von Erwerbslosigkeit und Armut betroffen ist, muss endlich wieder einzelfallbezogene, sanktionsfreie, soziale und materielle Unterstützung bekommen, die den Wiedereinstieg in die Arbeit unterstützt und ein diskriminierungsfreies Leben und uneingeschränkte Teilhabe an der Gesellschaft möglich macht. Um Massenaltersarmut zu vermeiden, muss die Landesregierung sich endlich gegenüber dem Bund dafür engagieren, das Rentenalter frei von Abschlägen und Kürzungen auf 65 Jahre zurückzuführen.

Die mit der Agenda 2010 eingeführten Verschlechterungen sind daher aufzuheben. Denn nach dem Arbeitsleben oder nach Eintreten dauerhafter Berufs- oder Arbeitsunfähigkeit muss man ohne Einbußen an Lebensqualität und gesellschaftlicher Teilhabe von der Rente leben können. Die gesetzliche Grundversorgung der Menschen, deren Rentenansprüche dazu nicht ausreichen, ist bedarfsgerecht, solidarisch und sozial zu gestalten.

Die „Arbeitsmarktreformen“ der letzten Jahre haben zu Armutslöhnen, Hartz-IV-Aufstockern, einer Zunahme der prekären Beschäftigung, dem Rückgang der Lohnquote und zur Erosion des Tarifgefüges geführt. Letztendlich dienen die „Hartz-Gesetze“ dazu Stammbelegschaften zum Verzicht auf Arbeitnehmerrechte, Lohn- und Gehaltszuwächse oder Vergütungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld zu zwingen.

Das sogenannte Tarifeinheitsgesetz ist verfassungswidrig und muss sofort außer Kraft gesetzt werden. Es hindert Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der freien Auswahl ihrer Interessenvertretung, gefährdet die Tarifautonomie und die Existenz kleinerer Gewerkschaften.

Arm trotz Arbeit – darunter leiden auch in Rheinland-Pfalz mehr und mehr Menschen. Rund ein Viertel der abhängig Beschäftigten in Rheinland-Pfalz arbeitet in sogenannten „atypischen“ Beschäftigungsformen – mit weiterhin steigender Tendenz. Hierzu gehören die befristete oder geringfügige Beschäftigung und Teilzeitarbeit mit 20 oder weniger Stunden. Das von Bundes- und Landesregierung gepriesene „Jobwunder“ und die gesunkene Arbeitslosenquote verschleiern den Blick auf die Wirklichkeit: Neue Arbeitsplätze sind auch in Rheinland-Pfalz fast ausschließlich dadurch entstanden, dass reguläre Beschäftigungsverhältnisse in Mini- und Midi-Jobs gesplittet wurden. Wo früher eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer in Vollzeit beschäftigt war, arbeiten heute mehrere Mini-Jobber oder Teilzeitbeschäftigte. Dies widerspricht unserem Grundsatz, dass Arbeit existenzsichernd sein muss. Dieser Grundsatz unterstreicht nicht nur den sozialen Charakter unserer Arbeitsmarktpolitik, sondern hat auch wirtschaftliche Gründe: Volkswirtschaftlich betrachtet sind prekäre Beschäftigungsverhältnisse in besonderem Maße unproduktiv, denn sie müssen über indirekte Lohnzuschüsse aus Steuermitteln aufgestockt werden und bringen keine entsprechenden Rückflüsse in die sozialen Sicherungssysteme. Dies gefährdet langfristig und dauerhaft die Finanzierung von Renten-, Kranken-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung.

Zukunftsfeste Renten

Heute erreichen immer mehr Männer und Frauen ein hohes Alter und sind nach dem Ausscheiden aus dem Beruf länger gesund, aktiv und autonom. Dies ist eine der großen Leistungen der Zivilisation und ein gesellschaftlicher Reichtum, der bewahrt und gestärkt werden muss.

Demgegenüber sind immer mehr Rentnerinnen und Rentner arm: Nach einer Studie des VdK muss die Hälfte der Rentnerinnen und Rentner in Rheinland-Pfalz schon heute mit weniger als 710 Euro Altersrente auskommen. Diese Situation wird sich in den kommenden Jahrzehnten noch deutlich verschärfen.

DIE LINKE steht für ein anderes Bild des Alters und Alterns: Menschen werden als aktive, mitverantwortlich handelnde Bürgerinnen und Bürger angesprochen. Ganz entschieden tritt DIE LINKE Vorstellungen entgegen, Jugend und Jugendlichkeit sei per se eine höher zu bewertende Eigenschaft als Alter und Lebenserfahrung. Dieses von der profitorientierten Konsumgesellschaft entworfene Zerrbild hat zu einer Altersdiskriminierung bisher unbekannten Ausmaßes geführt. Das Interesse Älterer an gesellschaftlichem Engagement und die darin liegenden Potenziale des Alters für die Gesellschaft müssen zum Tragen kommen und werden in allen gesellschaftlichen Bereichen dringend benötigt. Alter ist ein Lebensabschnitt mit eigenständigen Bedürfnissen, Ansprüchen, Vorstellungen und Erlebnismöglichkeiten. Die Politik muss die Rahmenbedingungen sicherstellen, in denen Ältere aktiv sein können. Dazu gehört die Absicherung der Gesundheitsversorgung, der Sozialstruktur und Barrierefreiheit ebenso wie die Möglichkeiten aktiver Teilhabe.

Unabhängig von Krisen und Konjunkturaufschwüngen sind in Rheinland-Pfalz viele Menschen arbeitslos, oft auf Dauer. Insbesondere in den strukturschwachen Regionen in der Westpfalz, im Hunsrück, in der Eifel und im Westerwald – dort ist die Arbeitslosigkeit zum Teil dramatisch. Gleichzeitig wird gesellschaftlich notwendige Arbeit nicht getan, weil sie keinen finanziellen Profit abwirft. Dem wirkt ein öffentlich geförderter Beschäftigungssektor (ÖBS) entgegen. Er bietet insbesondere Langzeitarbeitslosen, gering qualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und älteren Arbeitsuchenden eine Perspektive. Forderungen und Vorschläge zur Entwicklung dauerhaft öffentlich finanzierter Beschäftigung wurden vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), von Einzelgewerkschaften des DGB, dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland, der Arbeiterwohlfahrt und vielen weiteren Institutionen und Verbänden gemacht. Öffentlich geförderte Beschäftigung ist ein neues Segment zwischen Staat und Markt, das durch öffentliche Nachfrage und private Initiative geschaffen wird. Der öffentlich geförderte Beschäftigungssektor ist kein zweiter oder dritter Arbeitsmarkt, denn im Gegensatz zu deren instabilem, befristetem und diskriminierendem Charakter sollen dort Beschäftigungsverhältnisse entstehen, die auf Dauer angelegt sind und nach Tarif bezahlt werden. Mit dem ÖBS wird ein neuer ziviler Sektor zwischen Produktion und Dienstleistung geschaffen, der sich an gemeinwirtschaftlichen Zielen und am Gemeinwohl der Menschen orientiert.

Unzählige Aufgaben im sozialen Bereich, in der Kinder- und Jugendarbeit, im Kultur- und Freizeitbereich sowie bei der ökologischen Sanierung können so erledigt werden, womit der ÖBS das Spektrum der öffentlichen Dienstleistungen insgesamt erweitern und damit der Verschlechterung des ökologischen, sozialen und kulturellen Standards in unserer Gesellschaft entgegenwirken kann. Die öffentliche Infrastruktur ist ebenso erneuerungsbedürftig wie das Netz der sozialen und kulturellen Dienstleistungen. Der ÖBS leistet damit nicht nur einen Beitrag zur sozialen und ökologischen Umgestaltung der Industriegesellschaft, sondern auch zur Veränderung unserer gesamten Lebensweise.

Mit der Einführung eines öffentlich geförderten Beschäftigungssektors mit 8 000 tariflich abgesicherten Dauerarbeitsplätzen sollen insbesondere in Gebieten mit hoher und dauerhaft anhaltender struktureller Erwerbslosigkeit Perspektiven für Langzeiterwerbslose geschaffen werden. Der ÖBS soll sich dabei auf die Schaffung von Arbeitsplätzen in Bereichen beschränken, die aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht von der Privatwirtschaft abgedeckt werden, weil Profite nicht oder kaum erwirtschaftet werden können. Die Finanzierung des ÖBS erfolgt aus Steuergeldern, Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF), Eigenfinanzierungsanteilen und Mitteln der Bundesagentur für Arbeit. Passivleistungen wie das Arbeitslosengeld II (ALG II) sind dafür gesetzlich als Finanzierungsmöglichkeit der aktiven Beschäftigungsförderung zuzulassen, wenn grundsätzlich ALG-II-Berechtigte im ÖBS tätig werden. Dafür soll sich das Land Rheinland-Pfalz erneut im Bundesrat einsetzen, nachdem bisherige Bemühungen gescheitert sind. Ziel muss ein gemeinsamer Gesetzentwurf der Länder zur Aktivierung von Passivleistungen sein.

DIE LINKE sieht im Erhalt und der Schaffung existenzsichernder Arbeitsplätze, im sozial-ökologischen Umbau der Wirtschaft, in einer sich selbst tragenden wirtschaftlichen Entwicklung des Landes sowie in der gleichberechtigten Teilhabe aller am Arbeitsmarkt die grundlegenden Ziele der Wirtschaftspolitik. Die Wirtschaftsstruktur in Rheinland-Pfalz ist kleinteilig, die meisten Unternehmen haben weniger als zehn Beschäftigte. Wirtschaftsförderung muss sich nicht zuletzt deshalb auf solche Unternehmen konzentrieren, weil sie mit Abstand die meisten Ausbildungs- und Arbeitsplätze bereitstellen.

Strategisch relevante Unternehmensentscheidungen müssen zum Gegenstand der Mitbestimmung werden, damit Betriebs- und Personalräte in diesen Sachverhalten auf Augenhöhe mit den Arbeitgebern verhandeln. Wir wollen eine dahingehende Reform des Landespersonalvertretungsgesetzes und fordern, dass die Landesregierung sich auf Bundesebene für entsprechende Reformen des Betriebsverfassungsgesetzes sowie des Mitarbeitervertretungsgesetzes einsetzt.

Wir sehen für Rheinland-Pfalz bei einer entsprechenden Politik gute Chancen, Vorreiter für ein nachhaltiges Wirtschaften zu werden. Dabei geht es im Kern um Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit, die Stärkung und Förderung regionaler Wertschöpfung sowie die Erschließung von neuen Wirtschaftsfeldern und Zukunftsbranchen. Kurzfristige Potenziale zur Schaffung von Arbeitsplätzen liegen vor allem in den Bereichen Klimaschutz und Energie, in der kommunalen Daseinsvorsorge, in der Kultur und im Tourismus. Langfristige Potenziale sehen wir vor allem in den wissens- und forschungsbasierten Bereichen.

DIE LINKE in Rheinland-Pfalz fordert:

  • 10 Euro gesetzlichen Mindestlohn als grundsätzliche Voraussetzung für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen in Land und Kommunen. Der Mindestlohn ist kontinuierlich an den Produktivitätsfortschritt anzupassen.
  • ein Vergabegesetz, das allgemeinverbindlichen Tarifverträgen Vorrang einräumt, wenn diese höhere Löhne als den Mindestlohn im Vergabegesetz vorsehen
  • Leih- und Zeitarbeit auf ein Mindestmaß zu beschränken und Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter mit mindestens 110 Prozent des Tariflohns zu vergüten. Dies schafft Anreize, Leih- und Zeitarbeit auf saisonale Auftragsspitzen zu beschränken.
  • verbesserten Kündigungsschutz und das gesetzliche Verbot sachgrundloser Befristungen von Arbeitsverträgen und von Dauerpraktika ohne Vergütung
  • Wir fordern die Einführung eines Verbandsklagerechts für Gewerkschaften. Dies nähme den Druck von einzelnen Beschäftigten, die gegen das Unterlaufen von Tarifverträgen in ihrem Betrieb klagen wollen.
  • Für die Durchsetzung von Mindestlohnansprüchen muss die Beweislast umgekehrt werden und müssen die Arbeitgeber den Beweis führen, welche Stunden tatsächlich geleistet wurden.
  • Wir wollen die Mitbestimmung bei Landesbediensteten stärken, indem wir das Landespersonalvertretungsgesetz reformieren.
  • die Einführung von leistungsgerecht entlohnten Berufseinsteigerzeiten als Ersatz für berufliche und studentische Praktika (Dauerpraktika). Betriebliche Praktika werden auf die schulischen Erfordernisse und für Schülerinnen und Schüler vorgeschriebenen Zeiten beschränkt.
  • einen regionalisierten Landesentwicklungsplan für aktive Arbeitsmarktpolitik und Bedarfsermittlung im öffentlich geförderten Beschäftigungssektor
  • ein Aktionsprogramm für 8 000 tarifliche Dauerarbeitsplätze im Öffentlichen Beschäftigungssektor (ÖBS)
  • Reformen, um Betriebs- und Personalräten sowie Mitarbeitervertretungen ein Mitbestimmungsrecht bei unternehmerischen Entscheidungen zu geben
  • die Einbeziehung aller Bürgerinnen und Bürger und aller Einkunftsarten in die gesetzliche Rentenversicherung
  • die schrittweise Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze und ihre langfristige Abschaffung
  • die Rücknahme der Rente mit 67 und die Streichung von Kürzungsfaktoren
  • die solidarisch finanzierte, bedarfsorientierte Mindestrente.