II. Gute Renten für alle!

Die gesetzliche Rente muss den Lebensstandard im Alter wieder sichern und wirksam vor Armut schützen. Das sind die Grundpfeiler unserer Rentenpolitik. In einem der reichsten Länder der Welt muss das selbstverständlich sein.

Wir wollen eine Umkehr in der Rentenpolitik: Mit den Renten»reformen« von SPD und Grünen wurde dafür gesorgt, dass die Unternehmen deutlich weniger in die Rentenkasse einzahlen als die Beschäftigten. Die Folge: Das Niveau der gesetzlichen Rente befindet sich im Sinkflug. Von einst rund 53 Prozent im Jahr 2000 wird es auf 41,7 Prozent im Jahr 2045 fallen. Altersarmut bedroht viele Rentnerinnen und Rentner. Durch die Rente erst ab 67 können wir erst später ohne Abschläge in Rente gehen. Die meisten werden früher in Rente gehen: Damit wird ihre Rente noch mal drastisch gekürzt!

Die staatlich geförderte Riesterrente ist gescheitert. Sie kann die in die gesetzliche Rente gerissenen Lücken nicht schließen. Es werden Milliarden an Subventionen verpulvert, die in den Kassen der Versicherungskonzerne statt in den Portemonnaies der Rentnerinnen und Rentner landen. Dies gilt ebenfalls für die Rürup-Rente (Basisrente). Millionen Menschen mit normalen

und niedrigen Einkommen können nicht privat vorsorgen. Jahr für Jahr sind immer mehr Rentnerinnen und Rentner von Altersarmut und sozialem Abstieg betroffen. Derzeit leben 2,7 Millionen Menschen nach ihrem 65. Geburtstag in Armut oder sind von Armut bedroht. Das muss dringend geändert werden!

Wir wollen diese Entwicklung umkehren! Es reicht nicht, nur die weitere Absenkung zu stoppen. Das Rentenniveau von 53 Prozent muss sofort wieder hergestellt werden. Das bedeutet: 122 Euro netto mehr im Monat für einen »Standardrentner«.

Niemand darf im Alter arm sein – unabhängig von der Dauer der Erwerbsarbeit, durch Berufsunfähigkeit, Zeiten der Erwerbslosigkeit oder Kindererziehung. Niemand darf gezwungen sein, zum Überleben Pfandflaschen zu sammeln. Wir wollen eine Solidarische Mindestrente von 1.050 Euro netto im Monat – darunter droht Armut. Die Solidarische Mindestrente ist einkommens- und vermögensgeprüft, sie wird bei Bedarf gezahlt. Unser Nachbarland Österreich zeigt: Ein gesetzliches Rentensystem kann vor Armut schützen und zugleich finanzierbar sein. Statt einen Teil der Alterssicherung vom Kapitalmarkt abhängig zu machen, wurde in Österreich das gesetzliche Rentensystem zu einer Erwerbstätigenversicherung ausgebaut, in die auch Politikerinnen und Politiker einzahlen. Die Altersrenten sind deutlich höher als bei uns. Auch in Österreich sind die hohen Renten der Wirtschaft und den Arbeitgebern ein Dorn im Auge. Doch das bisherige Modell zeigt: Eine umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung ist finanzierbar, sie sichert den Lebensstandard und sie schützt vor Altersarmut. Und das spätestens ab 65 Jahren!

Die Bundesregierung rechnet aktuell damit, dass der Beitragssatz bis 2030 auf 22 Prozent ansteigen wird und erwartet von den Beschäftigten, dass sie zusätzlich vier Prozent ihres Lohnes in Riester und 3,2 Prozent in die betriebliche Altersversorgung oder die betriebliche Altersvorsorge stecken. DIE LINKE sagt: Die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur betrieblichen Altersversorgung bzw. zur betrieblichen Altersvorsorge müssen paritätisch von den Unternehmen bzw. den Auftraggebenden und den Beschäftigten finanziert werden. Das gilt für alle Erwerbstätigen. Die Beitragshöhe darf sich nicht nach der Zahlungswilligkeit der Unternehmen richten! Perspektivisch kann der Arbeitgeberanteil, vergleichbar dem österreichischen Modell, über dem Arbeitnehmeranteil liegen.

Erwerbslosigkeit, Niedriglöhne und prekäre sowie befristete Beschäftigung sind Gift für gute Rentenansprüche im Alter. Das erschwert es vor allem Frauen, sich eine eigenständige Alterssicherung aufzubauen. Auch für sie muss gelten: von guter Arbeit zu guter Rente!

  • Wir wollen das Rentenniveau anheben: Das Sicherungsniveau der gesetzlichen Rente muss wieder auf 53 Prozent erhöht werden, damit die Renten für alle spürbar steigen. Ein Rentenniveau von 53 Prozent kostet Beschäftigte und Arbeitgeber bei einem durchschnittlichen Verdienst von 3.092 Euro nur je 32 Euro mehr im Monat. Die vier Prozent Beitrag von 108 Euro (nach Zulagen) für eine Riesterrente könnten dafür entfallen. Durchschnittsverdienende hätten also 78 Euro mehr in der Tasche.
  • Solidarausgleich für Niedriglohn: Zeiten niedriger Löhne wollen wir ausgleichen. Die »Rente nach Mindestentgeltpunkten« wollen wir auch für Zeiten nach 1992 einführen. Vollzeiterwerbstätige mit zwölf Euro Stundenlohn und mehr erhielten dann in der Regel eine Rente von mehr als 1.050 Euro. Eine Einzelhandelskauffrau mit einem Verdienst von 1.940 Euro brutto hätte dadurch monatlich gut 270 Euro mehr Rente. Von dieser Rente würden vor allem Frauen und Ostdeutsche profitieren!
  • Ausbildungszeiten müssen rentenrechtlich besser anerkannt werden und zu höheren Renten führen.
  • Zeiten der Erwerbslosigkeit, der Kindererziehung und Pflege müssen besser abgesichert werden, damit sie nicht zu Armutsrenten führen.
  • Für jedes Kind wollen wir drei Entgeltpunkte – das sind zurzeit über 90 Euro sogenannter »Mütterrente« – auf dem Rentenkonto gutschreiben. Egal, ob ein Kind 1960 oder 2010, in Ost oder West geboren wurde. Diese Verbesserung muss als gesamtgesellschaftliche Aufgabe aus Steuern finanziert werden.
  • Für regelmäßig geleistete freiwillige und unbezahlte Arbeit von Bürgerinnen und Bürgern im organisierten anerkannten Rettungsdienst, Brandschutz, Katastrophenschutz und THW werden durch den Staat angemessene Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt.

Wir wollen eine Erwerbstätigenversicherung: Für alle Erwerbseinkommen müssen Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung gezahlt werden. Auch Politikerinnen und Politiker, Selbstständige, Freiberuflerinnen und Freiberufler, Beamtinnen und Beamte und Managerinnen und Manager sollen Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Bereits erworbene Ansprüche werden erhalten bzw. überführt. Für Langzeiterwerbslosemüssen endlich wieder Beiträge in die Rentenkasse eingezahlt werden.

  • Die Beitragsbemessungsgrenze wollen wir vereinheitlichen, dann in mehreren Schritten drastisch anheben und schließlich aufheben. Wer ein Gehalt von 10.000 Euro und mehr im Monat hat, muss auch für 10.000 Euro und mehr Beiträge zahlen. Die Höhe der Rentenansprüche über dem Doppelten des Durchschnittes soll abgeflacht werden.
  • Die Riester-Rente wollen wir in die gesetzliche Rente überführen: Individuell erworbene Rentenansprüche können freiwillig auf das persönliche Rentenkonto bei der Rentenversicherung übertragen werden. Extraprofite für die Versicherungswirtschaft wollen wir dabei verhindern. Die staatlichen Subventionen von über drei Milliarden Euro jährlich werden wir abschließen und die Zuschüsse an die Gesetzliche Rentenversicherung entsprechend erhöhen. Außerdem soll es Versicherten und ihren Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern erleichtert werden, bis zu einer bestimmten Grenze freiwillig zusätzliche Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen.
  • Die Beschäftigten dürfen nicht den Risiken auf dem Kapitalmarkt ausgesetzt werden: Wir lehnen es ab, die Arbeitgeber im Rahmen kapitalgedeckter betrieblicher Altersvorsorge und sogenannter »Zielrenten« aus der Haftung zu entlassen. Das gilt auch für den Verzicht auf Rentengarantien zugunsten einer reinen Beitragszusage.
  • DIE LINKE ist für eine betriebliche Altersversorgung, die überwiegend von den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern finanziert wird. Der Ausbau der überwiegend von den Beschäftigten finanzierten betrieblichen Altersvorsorge – vor allem durch Entgeltumwandlung – darf nicht als Alibi für ein weiter sinkendes Rentenniveau missbraucht werden. Wir werden die Doppelverbeitragung mit Krankenversicherungsbeiträgen bei betrieblicher Altersvorsorge sofort beenden. Betriebsrenten dürfen nicht frei von Sozialabgaben sein. So werden die Finanzen der gesetzlichen Rentenversicherung geschwächt und die Rentenansprüche aller Versicherten – egal ob sie über den Betrieb vorsorgen oder nicht – sinken. Ungleichheit wird so verschärft.
  • Die Rente erst ab 67 muss zurückgenommen werden. Forderungen nach einem Renteneintritt erst ab 69, 70, 71 oder 73 sind unrealistisch und unverantwortlich. Arbeiten bis zum Umfallen ist unwürdig und weder gesellschaftlich noch sozialpolitisch akzeptabel. Jede und jeder muss wieder spätestens ab 65 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen dürfen. Das ist finanzierbar. Wenn Menschen mindestens 40 Jahre Beiträge gezahlt haben, sollen sie bereits ab 60 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen können. Perspektivisch sollen alle ab 60 Jahre in Rente gehen können.
  • Wer krank wird, darf nicht noch niedrige Renten zu fürchten haben: Der Zugang zu den Erwerbsminderungsrenten muss erleichtert werden. Die Abschläge wollen wir streichen, auch für diejenigen, die bereits eine Erwerbsminderungsrente beziehen. Die Zurechnungszeit (die Zeit, die »hinzugerechnet« wird, weil der oder die Versicherte wegen der Erwerbsminderung nicht einzahlen konnte) wollen wir in einem Schritt von 62 auf 65 Jahre anheben.
  • Wir wollen die Benachteiligung der ostdeutschen Rentnerinnen und Rentner endlich beenden. Wir fordern eine sofortige Angleichung an das Westniveau, ohne zukünftige Rentnerinnen und Rentner zu benachteiligen (vgl. Kapitel X »Gerechtigkeit für die Menschen in Ostdeutschland«).

 

Solidarische Mindestrente: Wer bereits heute auf lange Phasen mit schlechten Löhnen, Erwerbslosigkeit oder Krankheit zurückblicken muss, hat trotzdem Anspruch auf ein würdevolles Leben im Alter. Kein Mensch soll im Alter von einem Einkommen unterhalb der Armutsgrenze leben müssen. Die Solidarische Mindestrente soll deshalb an alle Menschen im Rentenalter als Zuschlag – oder im Einzelfall auch als Vollbetrag – von der Rentenversicherung gezahlt werden, die weniger als 1.050 Euro Nettoeinkommen im Alter haben. Die Solidarische Mindestrente ist einkommens- und vermögensgeprüft. Sie wird aus Steuern finanziert. Die Unterhaltsansprüche nach dem BGB werden berücksichtigt. Wir werden mit deutlich höheren Vermögensfreibeträgen sicherstellen, dass soziale Härten vermieden und normales, selbstgenutztes Wohneigentum unangetastet bleibt. Unser Ziel lautet: Niemand soll im Alter von weniger als 1.050 Euro leben müssen. Die Höhe der solidarischen Mindestrente wird regelmäßig an die Entwicklung der Lebenshaltung angepasst, darf aber nicht abgesenkt werden.