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9) Für ein buntes und offenes Rheinland-Pfalz

Kein Mensch ist illegal

Die Situation von Millionen Bürgerkriegsflüchtlingen aus Syrien, die unveränderte Kriegssituation in Afghanistan, die Verfolgung von Frauen, Genitalverstümmelung wegen sogenannter Ehrverstöße und die existenzbedrohende Diskriminierung der Roma in den Balkanstaaten konfrontieren die reichen Staaten der Europäischen Union mit den Folgen ihrer eigenen Politik. Wir fühlen uns an die humanistische Aufgabe, die Verpflichtung zum Schutz von Menschen vor Krieg, Verfolgung und menschenunwürdigen Lebensbedingungen, gebunden. Grundsätzlich müssen die Fluchtursachen Krieg, Vertreibung, Verfolgung und soziale Notlagen und nicht die Flüchtlinge bekämpft werden. DIE LINKE wird sich dafür einsetzen, dass für Flüchtlinge legale und sichere Fluchtwege geschaffen werden. Flüchtlinge sind nach einem ausgewogenen, gerechten und anhand der volkswirtschaftlichen Leistungskraft nachvollziehbaren Schlüssel auf alle Staaten der europäischen Union gleichmäßig zu verteilen. Für Staaten in sozialen und wirtschaftlichen Krisen sind Ausnahmeregelungen zu schaffen.

Gerade waffenexportierende Länder wie Deutschland tragen eine bedeutende Mitverantwortung für Kriege, Hunger und Armut. Das setzt uns in die Verpflichtung, Menschen, die vor diesen Zuständen fliehen, Schutz vor Gewalt, Verfolgung und menschenunwürdigen Lebensbedingungen zu gewähren. Doch stattdessen wird in Deutschland eine Flüchtlingspolitik betrieben, die auf Ausgrenzung und Repression basiert.

Hilfe und Asyl nicht nur für die Fittesten! Wir müssen uns damit auseinandersetzen, dass weder legale noch illegale Fluchtwege für alle Flüchtlinge und Asylsuchenden gleichermaßen zugänglich sind. Arme und mittellose Menschen erreichen oft nicht einmal die Flüchtlingslager am Rande der Kriegsgebiete. Sie sind der Willkür und Gewalt in ihren Heimatländern schutzlos ausgeliefert. Frauen, Kinder, Alte und Kranke stellen jeweils eine besonders schutzbedürftige Gruppe dar. Frauen sind unter den Flüchtlingen stark unterrepräsentiert. Wenn Frauen unser Land doch erreichen, befinden sie sich oft in großer Abhängigkeit von ihren männlichen Familienmitgliedern und/oder in großer Verantwortung für ihre Kinder. Die bestehende Benachteiligung von Frauen, Kranken, Kindern und Alten gilt es so gut wie möglich auszugleichen.

DIE LINKE fordert deswegen spezielle, nur den Frauen vorbehaltene Sprachkurse und eine eigenständige Unterstützung bei der gesellschaftlichen Eingliederung sowie der Wohnungs- und Arbeitssuche. Der Familienzusammenführung sollte generell hohe Priorität in Rheinland-Pfalz eingeräumt werden. Der Großteil der hier ankommenden Flüchtlinge sind junge Männer, die sich ohne ihre Familie auf die risikoreiche Flucht gemacht haben. Ohne Familiennachzug und als Einzelpersonen haben Flüchtlinge und Asylsuchende es ungleich schwerer, sich zu integrieren, als mit dem Rückhalt ihrer Familien und familiären Verhältnisse.

Wir werden der Wiedereinführung der Residenzpflicht für Asylbegehrende und Geduldete entschieden entgegentreten. Wir wollen nicht, dass Flüchtlinge in überfüllte Aufnahmeeinrichtungen oder behelfsmäßige Notunterkünfte gepfercht werden, wo sie unter menschenunwürdigen Bedingungen leben und teilweise sogar unter freiem Himmel übernachten müssen. Stattdessen wollen wir, dass zehntausende oft aus Spekulationsgründen leerstehende Wohnungen zur dezentralen und sozial integrierenden Unterbringung genutzt werden. Dafür ist die landesgesetzliche Regelung eines kommunalen Satzungsrechts für Zwangsbelegungen leerstehender Wohnungen notwendig. Auf dem Wohnungsmarkt darf keine Konkurrenzsituation entstehen, in der unterschiedliche sozial ausgegrenzte Gruppen gegeneinander ausgespielt werden. DIE LINKE fordert deshalb eine Stärkung des sozialen Wohnungsbaus und ein ausreichendes Angebot an günstigem Wohnraum für alle Menschen mit niedrigem Einkommen.

Die vielen zivilgesellschaftlichen Initiativen für eine gute Aufnahme von Flüchtlingen müssen systematisch gestärkt werden, strukturell, ideell und finanziell. Andererseits dürfen dringend notwendige staatliche Aufgaben, etwa die qualifizierte psychosoziale Betreuung und Behandlung traumatisierter Flüchtlinge, nicht hierfür nicht ausgebildeten Helferinnen und Helfern überlassen bleiben. Das Land und die Kommunen stehen in der Pflicht, eigene Konzepte für die Aufnahme von Flüchtlingen zu entwickeln, statt diese Aufgaben auf Ehrenamtliche abzuwälzen.

Refugees haben weder freien Zugang zu Gesundheitsversorgung noch zu psychologischer Betreuung oder kulturellen sowie Bildungsangeboten. Auch vom Arbeitsmarkt sind sie ausgeschlossen. Schutzsuchende sind in Deutschland nicht nur Menschen zweiter, sondern dritter Klasse. Statt die Flüchtenden zu bekämpfen, müssen die Fluchtursachen bekämpft werden. Menschen, die zu uns fliehen, dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Diskriminierte, rassistisch und sozial ausgegrenzte Roma vom Westbalkan brauchen Schutz. Gerade die Bundesrepublik Deutschland steht hier in einer historischen Verantwortung. DIE LINKE. Rheinland-Pfalz spricht sich daher entschieden gegen eine Unterscheidung zwischen „guten“ und „schlechten“ Flüchtlingen aus und ächtet einen sich ausbreitenden Nützlichkeitsrassismus. Zuwanderung stellt eine Chance für Rheinland-Pfalz dar, die wir nur nutzen können, wenn die Menschen als gleichwertig anerkannt werden und einen vollständigen Zugang zu sozialen und politischen Ressourcen erhalten. DIE LINKE. Rheinland-Pfalz setzt sich grundsätzlich für eine humane Asyl- und Flüchtlingspolitik ein.

DIE LINKE fordert daher die schnellstmögliche Verteilung von Flüchtlingen und AsylbewerberInnen von den Erstaufnahmestellen auf die Kommunen und dezentrale, menschenwürdige Unterbringung sowie die bundesweite Aufhebung der Residenzpflicht. Wir wollen das Zwangsverteilungssystem von Menschen, den sogenannten Königsteiner Schlüssel, beenden. So können Flüchtende bei Bekannten und Verwandten unterkommen und schnelle Aufnahme in die Gesellschaft finden. Um die Kommunen zu entlasten, muss der Bund vollständig die Kosten für Aufnahme und Versorgung der Flüchtenden übernehmen. Wir wollen kostenfreie Sprachkurse für Flüchtlinge, insbesondere für Kinder, damit diese erfolgreich am deutschen Bildungssystem teilhaben können. Hierzu gehört auch, insbesondere auf dem Land, mit Fahrdiensten oder der kostenlosen Nutzung von Bus und Bahn sicherzustellen, dass Flüchtlinge tatsächlich Sprachkurse besuchen können. Wir wollen Handlungsleitfäden und zusätzliches, kompetentes Personal für Schulen und Kindergärten, um Flüchtlingskinder integrieren und fördern zu können.

Wir plädieren für die Einführung einer Gesundheitskarte zur medizinischen Vollversorgung nach den Bestimmungen des Sozialgesetzbuches und für die Abschaffung der Zuständigkeit der kommunalen Sozialbehörden für die Ausstellung von Behandlungsscheinen für Asylsuchende.

Wir wollen auf den hohen Anteil psychosomatischer und traumatischer Erkrankungen und auf den Beratungsbedarf von Flüchtlingen durch entsprechende Angebote der psychiatrischen Landeskliniken und vor Ort reagieren.

Entschieden gegen Faschismus und Nationalismus

DIE LINKE tritt aktiv jeglicher Form von Faschismus, Rechtspopulismus, Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, Homophobie sowie sämtlichen anderen Formen von Menschenfeindlichkeit entgegen. Auch der Diskriminierung von Menschen muslimischen Glaubens erteilen wir eine Absage.

Wir setzen uns für die Verankerung einer antifaschistischen Klausel in der rheinland-pfälzischen Verfassung ein, die die Verpflichtung aller staatlichen Gewalt und die Verantwortung aller umfasst, der Wiederbelebung oder Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts, der Verherrlichung des nationalsozialistischen Herrschaftssystems und rassistischen oder antisemitischen Aktivitäten entschlossen entgegenzutreten.

Rechtes Gedankengut ist auch in Rheinland-Pfalz auf dem Vormarsch. Durch Sozialabbau und prekäre Lebensverhältnisse verunsichert, sind viele BürgerInnen empfänglich für faschistische Ideologien und eine Weltanschauung, die gesellschaftliche Minderheiten ausgrenzen will. Um dieser bedenklichen Entwicklung wirksam begegnen zu können, bedarf es zuallererst eines gesellschaftlichen Klimas, das vor allem von Mitbestimmung und Demokratie, sozialer Teilhabe sowie der Wahrung von Menschenrechten geprägt ist.

Des Weiteren müssen wir eine Gedenkkultur fördern, die offensiv in die Gesellschaft wirkt, die junge Generation anspricht und aufklärt und dadurch die persönliche Auseinandersetzung mit den Verbrechen des Nationalsozialismus fördert.

Nur so können erkennbar menschenfeindliche Tendenzen wirksam in der Gesellschaft bekämpft werden.

Deshalb fordert DIE LINKE Rheinland-Pfalz:

  • das NPD-Verbotsverfahren rechtssicher abzuschließen und konsequent umzusetzen. Ein Verbotsverfahren gegen den sogenannten „Dritten Weg“ soll eingeleitet und dafür sollen die notwendigen Voraussetzungen durch die Innenminister der Länder geschaffen werden.
  • die sichere Finanzierung von Vereinen, Initiativen und bewährten zivilgesellschaftlichen Modellen gegen die Verbreitung von faschistischem und rassistischem Gedankengut. Dementsprechend wollen wir den auf die Totalitarismustheorie aufbauenden »Extremismusbegriff« aus den Handlungsanweisungen von Justiz, Polizei und Verwaltung streichen.
  • die Einrichtung von Beratungsstellen in allen kommunalen Verwaltungen, die auf wissenschaftlich fundierter Basis Unterstützungsarbeit für zivilgesellschaftliche Akteure gegen Faschismus und Rassismus leisten, und die Abschaffung des Verfassungsschutzes, der sich wiederholt als unfähig erwiesen hat, rechtsradikale Entwicklungen zu erkennen und wirksame Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Eine demokratische Gesellschaft braucht keinen Geheimdienst zum Schutz der Demokratie, dessen Versagen und direkte Verwicklung in faschistische Aktivitäten spätestens seit dem NSU-Skandal offenkundig ist.
  • die Anpassung des Asylbewerberleistungsgesetzes an die Sozialleistungen des SGB II und SGB XII
  • die unmittelbare Integration von AsylbewerberInnen in den Arbeitsmarkt
  • den uneingeschränkten Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung und den sozialen Sicherungssystemen.