Gemeinwohl statt Profite

Beschluss des Parteitages vom 24.9.2022

Gesundheitspolitische Eckpunkte für Rheinland-Pfalz

Das Gesundheitssystem in unserem Land hat schon lange nichts mehr damit zu tun, dass die Patienten und Patientinnen bestmöglich versorgt werden.

Durch die Einführung der Fallpauschalen zur Finanzierung der Behandlung in den Krankenhäusern, anstelle der Finanzierung nach Bedarf, wurde die stationäre Medizin einem enormen Kostendruck ausgesetzt. Die Gewinnerzielung hat private Krankenhauskonzerne (teils Börsen notiert) immer mehr Raum in der Krankenhauslandschaft einnehmen lassen. Mit einem hohen „Patientendurchlauf“, vielen lukrativen, oft überflüssigen Operationen und massiven Einsparungen beim Personal ist die medizinische Versorgung zu einem lohnenden Geschäft geworden.

Krankenhäuser, die sich um die Grundversorgung und die täglichen Notfälle kümmern, haben das Nachsehen. Sie schreiben rote Zahlen. Kinderkliniken und Geburtshilfliche Abteilungen haben einen besonders hohen Personal- und Vorhaltebedarf, der über die Fallpauschalen nicht ausreichend finanziert werden kann. So sind viele Abteilungen geschlossen worden und weitere sind von Schließungen bedroht. Wir wollen ein Gesundheitssystem, dass für die Menschen da ist und nicht dafür die Profite z.B. von privaten Krankenhausgesellschaften, den pharmazeutischen Unternehmen, den Medizintechnik-Unternehmen zu maximieren.

Wir wollen für die Menschen, die medizinische Versorgung brauchen:

Bessere medizinische Einrichtungen

  • Die Landesregierung muss schnellst möglich für gesetzliche Vorgaben sorgen, die verhindern, dass Krankenhäuser und Krankenhausabteilungen in der Fläche und den Städten auf Grund der wirtschaftlichen Interessen der Krankenhausträger geschlossen werden.
  • Einzig und allein die Bedarfe der Patienten und Patientinnen können der Maßstab für die Anzahl und Lage der Krankenhäuser sein.
  • Als Übergang muss die Landesregierung dafür sorgen, dass Pauschalen für die Häuser der Grundversorgung einschließlich Geburtshilfe, Kinderheilkunde und Notfallabteilungen erhöht bzw. geschaffen werden.
  • Krankenhäuser in privater Hand müssen wieder rekommunalisiert und damit der Gewinnlogik entzogen werden.
  • Die Landesregierung muss sich dafür einsetzen, dass kommunale und frei gemeinnützige Krankenhäuser auskömmlich finanziert werden. Das Fallpauschalen-System wollen wir abschaffen.
  • Denn dies geht immer zu Lasten der Menschen, die medizinische Versorgung brauchen und zu Lasten des Personals, dass immer mehr leisten muss.

Bessere Arbeitsbedingungen für Personal

  • Die Einstiegsgehälter für Pflegefachpersonal müssen für alle Berufsgruppen im Gesundheitswesen z.B. auch die Angestellten im Rettungsdienst erhöht werden
  • Personaluntergrenzen müssen eingehalten,
  • Personalschlüssel für alle Berufsgruppen im Gesundheitswesen müssen gesetzlich verankert werden
  • Springerpools, Bereitschaftsdienste sind einzurichten, damit Pflegende auf den Stationen nicht mehr an ihren freien Tagen ungeplant einspringen müssen,
  • Es sollen Exit-Gespräche geführt werden, um die Gründe für den frühzeitigen Ausstieg aus dem Job zu erfahren.
  • Arbeitszeitverkürzung: Forderung von 38,5 Stunden Woche für Menschen im Gesundheitswesen, perspektivisch auf 35 Stunden pro Woche.

Wir unterstützen die Gewerkschaften und den Pflegeaufstand RLP in ihrem Kampf um bessere Bedingungen für Beschäftigte, etc. und setzen uns für flächendeckende Tarifverträge ein, auch bei kirchlichen Trägern.

Bessere ambulante psychotherapeutische Behandlung

  • Behandlungsengpässe bei der ambulanten psychotherapeutischen Behandlung müssen beendet werden. Wer einen Platz für eine psychotherapeutische Behandlung sucht, muss gegebenenfalls lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Rund 40 Prozent der Patient*innen mit einer psychischen Erkrankung warten mindestens drei bis neun Monate auf eine Behandlung bei einer/einem vertraglichen Psychotherapeut:in.
  • Kein Fallpauschalen-System in der Psychiatrie. Statt die Hindernisse zu beseitigen und den Zugang zu ambulanter Psychotherapie zu erleichtern, wird im Gesundheitsministerium über Fallpauschalen bei der ambulanten Versorgung nachgedacht. Eine Maßnahme, die wir als Linke ablehnen.
  • Bei psychiatrischen Krankheiten kann es keine pauschalen Regelungen geben, wie lange eine Behandlung dauert und es kann kein Instrument sein, um mehr Plätze zu schaffen.
  • Wir wollen stattdessen, dass die psychotherapeutische Versorgung verbessert wird. Die Kostenerstattung durch die Krankenkassen muss einfacher und zuverlässiger geregelt werden, auch für die privat versicherte Patienten.
  • Es sind dringend mehr Psychotherapeutinnen und Therapeuten für die ambulante Behandlung notwendig.

Bessere Versorgung auf dem Land

Seit den 1990iger Jahren wurden durch die Kassenärztlichen Vereinigungen für sämtliche Kassenarztsitze Zulassungsbeschränkungen eingeführt. Auf diese Weise erwuchs den niedergelassenen ÄrztInnen keine weitere Konkurrenz. Nun sind die Haus- und FachärztInnen im Rentenalter angekommen, ohne rechtzeitig für Nachwuchs gesorgt zu haben. Hinzu kommt – neben anderen Gründen-, dass nach der Wende die Medizinstudienplätze in ganz Deutschland reduziert wurden.

Die Kassenärztlichen Vereinigungen stehen durch ihre Zulassungsbeschränkungen einer sektorenübergreifenden medizinischen Versorgung im Weg. Die Verbindung von ambulanter und stationärer Medizin, die insbesondere auf dem Lande helfen könnte, den Ärztemangel abzubauen, wird dadurch erschwert.

  • Wir fordern kommunale Behandlungszentren, in denen die Psychotherapie gemeinsam mit anderen Therapeut:innen (Ergotherapie, Physiotherapie, Sozialarbeiter:innen und Kranken- undAltenpfleger:innen) und Ärzt:innen gemeinsam die Patient:innen im Ort oder im Stadtteil versorgen.
  • Der Übernahme von Kassensitzen durch private Gesundheitskonzerne darf nicht länger erlaubt werden!
  • Die Landesregierung muss finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, damit Kommunen Medizinische Versorgungszentren einrichten können.
  • Wir fordern von der Landesregierung deutlich mehr Medizinstudienplätze und unterstützen die Forderung nach einer 2. medizinischen Hochschule in Rheinland-Pfalz.

Solidarische Gesundheitsversicherung/Bürgerinnen- und Bürgerversicherung

Durch das zweigleisige Krankenversicherungssystem in Deutschland hat sich eine Zweiklassenmedizin entwickelt. Im ambulanten Bereich werden die Leistungen für privatversicherte Patienten in den Arztpraxen deutlich höher bezahlt. Praxissitze in Stadtteilen mit vielen Privatpatienten sind deshalb sehr begehrt. Die übrigen Stadtteile und ländliche Strukturen leiden zunehmend an Unterversorgung. Kassenpatienten müssen bei Fachärzten lange Wartezeiten in Kauf nehmen und werden in Krankenhäusern auch eher auf andere Termine verschoben.

  • Wir setzen uns dafür ein, dass ein solidarische Gesundheitsversicherung von allen in Deutschland lebenden Menschen finanziert wird, denn dann können auch die Beitragssätze sinken. Alle Einkommensarten sind einzubeziehen, auch die privat Versicherten, zahlen entsprechend ihrem gesamten Einkommen aus Löhnen, Honoraren sowie Miet-, Pacht- und Kapitalerträgen in die Bürgerversicherung ein.
  • Die Beitragsbemessungsgrenze muss abgeschafft werden. Der Beitrag richtet sich nach der Leistungsfähigkeit.
  • Die private Krankenversicherung wird auf medizinisch nicht notwendige Zusatzversicherungen beschränkt.
  • Zuzahlungen werden abgeschafft und damit werden Patientinnen und Patienten entlastet.

Besserer Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz

Die Arbeitsschutzgesetzgebung ist in Deutschland recht weitgehend. Allerdings hapert es massiv bei der Umsetzung in den Betrieben. Unkenntnis, Kostendruck und schlichter Unwille sorgen dafür, dass es viele Arbeitgeber mit dem Arbeitsschutz nicht so genau nehmen. Die LINKE unterstützt Gewerkschaften und Betriebsräte im Kampf um mehr Mitbestimmung im Gesundheitsschutz und bei der Durchsetzung der Regeln die die Beschäftigten besser schützen sollen.

Nach wie vor arbeiten viele Menschen unter Krankmachenden Bedingungen. Von mangelnder Schutzausrüstung bei industriellen Dienstleistern bis zu starkem Stress im Büro und der Fabrik berichten viele Beschäftigte. Weniger als die Hälfte der Betriebe erfüllt die Forderungen des Arbeitsschutzgesetzes. Hiernach muss für jeden Arbeitsplatz eine Belastungs- und Gefährdungsanalyse erstellt werden.

Regelmäßig wird öffentlich über den Krankenstand in den Betrieben diskutiert. Wenig bis gar nicht wird über das Problem des Präsentismus gesprochen. Das Wort Präsentismus beschreibt den Zustand, dass viele Beschäftigte krank zur Arbeit gehen. Dadurch schaden die betroffenen ihrer Gesundheit. Aber auch den Betrieben entstehen kosten. Ansteckungen, Fehler bei der Arbeit und erhöhte Unfallzahlen sind Kosten, die nur selten gesehen werden.

Für die LINKE gilt auch weiterhin

  • Gesundheit darf nicht länger eine Ware sein!
  • Profitmaximierung steht einer guten Gesundheitsversorgung im Weg.

 

Soziale Ungerechtigkeit macht krank, vorbeugen ist besser

Wer arm ist, wird häufiger krank und stirbt früher. Auch die Covid 19 Pandemie hat es noch einmal deutlich gemacht: Menschen, die finanziell schlechter gestellt sind, erkranken und sterben häufiger an Corona.

Prekäre Arbeitsbedingungen führen zu Stress. Psychische Störungen nehmen zu. Schlechte Bezahlung verhindert ein gesundes Leben.

Schlechte Wohnverhältnisse, Wohnen an lärm- und schadstoffbelasteten Straßen, billige ungesunde Nahrungsmittel und unzureichende Bildung sind eine Gefahr für die Gesundheit und die Lebenserwartung.

 

DIE LINKE steht deshalb ein für faire Löhne und faire Lebensbedingungen

  • Jede Familie soll sich gesunde Lebensmittel leisten können.
  • Sport und Bewegungsmöglichkeiten und Wissen über gutes Essen sollen für alle angeboten werden.
  • Schulen und Kindergärten müssen hier Vorreiter sein.
  • Gesundheitsschutz und Ernährung werden ein eigenes Schulfach.