5 Fragen an ... Alexander Ulrich

Alexander Ulrich, Listenplatz 1 zur Bundestagswahl

Lieber Alexander, durch die Corona-Krise hat sich auch auf dem Arbeitsmarkt viel verändert. Wir hören von Unternehmen, die Wirtschaftshilfen erhalten, zugleich aber Beschäftigte entlassen und Standorte schließen und dann auch noch Dividenden und Boni an Vorstände und Aktionäre zahlen. Viele Menschen sind in Kurzarbeit oder ohne Beschäftigung. Was will DIE LINKE tun, um gute Arbeit und gute Löhne zu sichern?

Dass Konzerne in der Krise Staatshilfen einstreichen und zugleich Dividenden ausschütten und üppige Boni zahlen, geht gar nicht. In anderen Ländern ist das zu Recht verboten worden. Unsere Regierung unternimmt da nichts. Überhaupt profitieren große Unternehmen hierzulande viel stärker von den staatlichen Coronahilfen als Beschäftigte und Kleinunternehmer.

Um Beschäftigten und sozial Benachteiligten angemessen zu helfen fordern wir ein ganzes Bündel an Maßnahmen – angefangen mit einer Mindestlohnerhöhung auf 13 Euro über eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes auf 90 Prozent des letzten Einkommens und einen Mehrbedarfszuschlag von 100 Euro pro Monat für Hartz IV-Empfänger bis hin zu einer dauerhaften Verlängerung von Kinderkrankheitstagen, auch für Minijobber und Soloselbständige.

Es kann auch nicht angehen, dass die niedrigsten Einkommen in der Krise am deutlichsten zurückgehen, während große Vermögen überhaupt nicht angetastet werden. Schon aus Gerechtigkeitsgründen brauchen wir in dieser Situation eine Vermögensabgabe.

 

Noch immer sieht es bei der betrieblichen Mitbestimmung oft mau aus, Betriebsräte werden verhindert, Tariflöhne werden umgangen, noch immer ist Leiharbeit erlaubt. Welche Arbeitnehmerrechte haben für DIE LINKE Priorität?

Die Mitbestimmungsrechte der Beschäftigten müssen deutlich ausgebaut werden. Die Belegschaften müssen mitentscheiden können, wenn es etwa um Standortverlagerungen oder Zukunftsinvestitionen geht. Betriebsräte müssen auch in wirtschaftlichen Fragen ein Mitbestimmungsrecht bekommen. Zudem braucht es eine deutliche Stärkung von Tarifverträgen. In Zeiten von Krise und wirtschaftlichen Umbrüchen hat der Staat große Gestaltungsmöglichkeiten. Öffentliche Gelder – egal ob Wirtschaftshilfe oder versteckte Subvention – müssen konsequent an Arbeitsplatzgarantien, Tarifverträge und an verbindliche Investitionspläne gekoppelt werden.

Prekäre Beschäftigungsformen wollen wir zurückdrängen. Diese Jobs müssen in reguläre, abgesicherte Arbeitsplätze überführt werden. Leiharbeit muss letztlich verboten werden. Bis es soweit ist muss gelten, dass jeder Leiharbeiter vom ersten Tag an den gleichen Lohn erhält, wie ein Festangestellter.

 

Seit Jahrzehnten befindet sich der Arbeitsmarkt in einer Schieflage. Einerseits gibt es Millionen von Menschen, die von der Erwerbsarbeit ausgeschlossen und auf Hartz IV angewiesen sind, andererseits gelten unbezahlte Überstunden und Dauerstress als normal. Wie können wir Arbeit gerechter verteilen?

Die Losung muss lauten: Mehr Personal statt Dauerstress. Die gewerkschaftlichen Konzepte für den Übergang zu einer Vier-Tage-Woche und eine Arbeitszeitverkürzung unterstützen wir. Wenn die Normalarbeitszeit in allen Branchen 35 Stunden pro Woche betrüge, wäre schon viel gewonnen. Zudem braucht es ein Mitbestimmungsrecht für die Belegschaften in Fragen der Personalbemessung sowie eine Antistressverordnung, die die Beschäftigten effektiv vor chronischer Überlastung schützt. Überstunden wollen wir begrenzen, unbezahlte Überstunden sind völlig inakzeptabel. Entsprechende Regeln würden die Lebensqualität aller erhöhen und es entstünden viele neue Arbeitsplätze.

Es muss aber darüber hinaus auch darum gehen, gute Arbeit durch Zukunfts­investitionen zu schaffen. Viel zulange wurde es versäumt, den Übergang in eine klimaneutrale Wirtschaft entschlossen voranzutreiben. Auch muss viel mehr in Schulen, Kitas, das Gesundheitssystem und die Pflege investiert werden.

 

Stichwort Rente: Das heutige Rentenniveau reicht nicht mehr für eine gute Altersversorgung, zugleich gibt es immer weniger klassische Erwerbsbiographien. Die Riester-Rente ist gescheitert, private Vorsorge ist riskant. Wie sieht das LINKE Modell der solidarischen Mindestrente bzw. der solidarischen Erwerbstätigen­versicherung demgegenüber aus?

Ausgesprochen positiv. Wir fordern schon lange eine solidarische Mindestrente von 1.200 Euro. Von der Rente muss man im Alter anständig leben können. Auch stehen wir dafür, alle Erwerbstätigen in Form einer solidarischen Erwerbstätigenrente in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen. So wollen wir das Rentenniveau von derzeit 48,4 Prozent wieder auf 53 Prozent anheben, den Stand aus dem Jahr 2000. Das wäre problemlos innerhalb einer Legislaturperiode möglich und würde gerade für Rentner mit niedrigen Bezügen einen großen Unterschied machen.

Die Riesterrente ist gescheitert. Wir wollen sie auf freiwilliger Basis in die gesetzliche Rente überführen: Wer eingezahlt hat, soll seine Ansprüche behalten und in das gesetzliche System überführen können.

 

Und zum Schluss: Warum ist es gerade für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wichtig, DIE LINKE in den Bundestag zu wählen?

Weil DIE LINKE die einzige Partei im Bundestag ist, die die Interessen der Beschäftigten konsequent vertritt. Die SPD hat lange genug mitregiert, sie hätte den Mindestlohn auf ein anständiges Niveau heben und Maßnahmen gegen prekäre Beschäftigung beschließen können. CDU/CSU, FDP und AfD vertreten offen die Interessen der Besserverdienenden. Die Grünen haben nicht erst durch Wahlkampfforderungen wie eine drastische Benzinpreiserhöhung gezeigt, dass sie die Probleme der kleinen Leute nicht interessieren, weil sie nicht zu ihrer Wählerklientel gehören.  Mit Druck aus der Opposition haben wir schon einiges erreicht. Einen gesetzlichen Mindestlohn gäbe es ohne eine starke Linke bis heute nicht. Es gibt aber noch sehr viel zu tun, wofür wir dringend gebraucht werden.